Verwaltungsaufgaben (im Ehrenamt) sind für Baugemeinschaften eine große Herausforderung. Unsere Antwort: eine Dachgenossenschaft, die Strukturen bündelt und Verantwortung teilt. Ziele: bezahlbarer Wohnraum, Synergien, mehr Gewicht. Stand: 13 Baugemeinschaften beteiligt, 11 Beitritte in Vorbereitung, 72 Mitglieder.
Die Herausforderung
Stellt euch vor: Ihr verwaltet ein Haus.
Ihr schreibt Mietverträge. Erstellt Nebenkostenabrechnungen. Macht Buchhaltung und Jahresabschlüsse. Füllt Steuererklärungen aus. Repariert nebenbei den Wasserschaden im zweiten Stock.
Und das alles ohne Erfahrung. Abends oder am Wochenende. Für 10 Wohnungen. Oder 20. Oder 40.
Genau so geht es vielen Baugemeinschaften.
Unsere Antwort: die Dachgenossenschaft.
Wie alles begann
Alles nahm seinen Anfang am 06. Juli 2023.
Die Lawaetz Stiftung, HHBB und Stattbau luden zu einem Treffen ein: Die Idee, in Wilhelmsburg eine Dachgenossenschaft zu gründen, sollte erstmals diskutiert werden.
Inspiration kam von den bestehenden Dachgenossenschaften Wohnreform e.G. und Schanze e.G.. Und mit an Bord war P99, die bereits für zahlreiche Baugemeinschaften die Buchhaltung und Finanzplanung übernehmen.
Die Botschaft damals war klar:
„Wenn ihr, die Baugemeinschaften, diesen Schritt geht und die Initiative ergreift, dann unterstützen wir euch mit allen Kompetenzen, die wir haben.“
Dieser Aufruf war der Startschuss – und der Anfang unserer Reise hin zur Dachgenossenschaft.
Nach diesem Treffen bildete sich eine Gruppe aus verschiedenen Baugemeinschaften. Sie begann, an den Grundlagen der Dachgenossenschaft zu arbeiten. Zentrale Themen waren dabei von Anfang an: gemeinsame Ziele entwickeln und den Zielkonflikt zwischen maximaler Autonomie und maximaler Synergie ausbalancieren.
Unsere gemeinsamen Ziele
- Bezahlbaren Wohnraum sichern:
Dauerhaft spekulationsfrei und in hoher Qualität. - Synergien nutzen:
Kräfte bündeln, Verwaltungskosten senken, bessere Konditionen erreichen. - Mehr Gewicht:
Gemeinsam stärker auftreten – politisch und gegenüber Dritten.
Was ist eigentlich eine Dachgenossenschaft?
Eine Dachgenossenschaft bündelt mehrere eigenständige Einheiten (z. B. Baugemeinschaften) unter einem gemeinsamen Dach. Sie schafft Rahmenbedingungen, Standards und gemeinsame Services, ohne die operative Eigenständigkeit unnötig einzuschränken. Ziel: Gemeinsam stärker werden – wirtschaftlich, organisatorisch und sozial – und dabei demokratisch gesteuert bleiben.
Unser Weg zur Gründung
In rund einem Jahr führten wir sechs große Workshops (je 4–6 Stunden) durch – offen für alle Baugemeinschaften. Im Schnitt nahmen 20 Personen teil. Regelmäßig brachten Expert:innen der Baubetreuungen, P99 und anderer Dachgenossenschaften ihre Erfahrung ein.
Schritt für Schritt legten wir die Grundlagen: zuerst Ziele und Ausrichtung, dann Satzung und Kooperationsverträge. Zum Abschluss simulierten wir Szenarien anhand von Satzung, Strukturen und Verträgen.
Wir haben uns dabei nicht nur technische, sondern auch sehr grundsätzliche Fragen gestellt:
„Was, wenn eine Hausgemeinschaft plötzlich eine Haltung entwickelt, die sich nicht mehr mit den Werten der Dachgenossenschaft vereinbaren lässt?“
„Wenn die Kosten bei einer Baugemeinschaft aus dem Ruder laufen – halten wir dann alle solidarisch zusammen?“
Danach mussten wir uns endlich trauen: also luden wir zur Gründungsversammlung ein. Immer wieder prüften wir die Checkliste vom ZdK (Zentralverband der Konsumgenossenschaften), um keinen Formfehler zu riskieren. Immer wieder die Sorge „Hoffentlich kommen genügend Menschen“ Und dann die Erleichterung: Am 20.07. unterschrieben wir in den Räumen der Lawaetz Stiftung in Neumühlen mit 57 Menschen die Satzung.

Wichtige Erkenntnisse
- Kernteam + Workshops: Ein kleines Team treibt den Prozess voran, offene Workshops erarbeiten die wichtigsten Inhalte und sichern Beteiligung.
- Transparenz: Ergebnisse und Dokumente wurden konsequent geteilt – das schafft Vertrauen.
- Gut vorbereitet = gut genutzt: Niedrigschwellige, klar strukturierte Workshops waren der Schlüssel, da alle Beteiligten wenig Zeit hatten.
- Lieber gut kopiert, als schlecht selbst gemacht: Bewährte Lösungen anderer Projekte zu übernehmen, spart Zeit und Nerven.
Die wichtigsten Vorteile
- Zentrale Services entlasten die einzelnen Baugemeinschaften und die Ehrenamtlichen.
- Gemeinsame Standards sichern Qualität.
- Bessere Verhandlungsposition und mehr politisches Gewicht.
- Mehr Transparenz und Mitsprache.
Fakten
Aktuelle Infos findet ihr auf unserer Website: www.dachgeno-wilhelmsburg.de. Dort gibt es auch eine Wissensdatenbank mit vielen Materialien rund um die Dachgenossenschaft.
- Gründung: 06. Juli 2023 – Start der Initiative, offizielle Gründung 20. Juli 2025
- Workshops: 6 große Workshops über rund ein Jahr mit durchschnittlich 20 Teilnehmenden
- Beteiligte Baugemeinschaften: Insgesamt 13 Baugemeinschaften waren im Prozess beteiligt, aktuell beabsichtigen 11 Baugemeinschaften der Dachgenossenschaft beizutreten.
- Mitglieder: Die Gründungssatzung wurde von 57 Personen unterschrieben, inzwischen ist die Dachgenossenschaft auf 72 Mitglieder aus 7 Baugemeinschaften gewachsen.
Was als Nächstes passiert
Meet & Greet am 25.11.2025 um 18:00 Uhr: Im Rahmen der Veranstaltung der Agentur für Baugemeinschaften stellen wir die Dachgenossenschaft vor – eine gute Gelegenheit, das Team und Beteiligte persönlich kennenzulernen.
